Die Sache mit den Größen

Wer kennt das nicht? Die Frage nach der richtigen Größe. Oft werde ich gefragt, warum es eigentlich kein einheitliches Größensystem bei Bekleidung gibt und ob die unterschiedlichen Größensysteme vereinheitlicht werden können. Und ehrlich gesagt, ich habe mir die Frage auch schon oft gestellt. Ok, es gibt natürlich das Argument, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft unterschiedlich gebaut sind. Für den japanischen Markt und für den amerikanischen Markt werden verständlicherweise unterschiedliche Größensysteme angewendet. Es ist aber schon schwieriger zu verstehen, warum ein und dieselbe Größe in Österreich eine völlig andere Bedeutung hat als beispielsweise in der Schweiz, in Frankreich oder Italien. Jede Frau kennt das, muss sie doch in jedem der genannten Länder eine andere Größe einkaufen. Noch unverständlicher wird es, wenn innerhalb eines Landes unterschiedliche Größensysteme angewendet werden. Ein schlanker, großer Mann kann zum Beispiel Jeansgröße 32/34 haben, seine Konfektionsgröße wäre dann 48 lang gestellt, oder auch Größe 98. Arbeitet er bei der Polizei, so würde er dort Größe 48 II bestellen, als Bediensteter des Bundesheers, wäre es dann 0098/II. Schon verwirrend.

Aber warum gibt es auch innerhalb eines Landes die verschiedensten Systeme?

Es gibt vor allem einmal unterschiedliche Schulen für Bekleidungsschnitte und Passformen, einige davon haben sich stärker durchgesetzt als andere. Die Tatsache, dass sich in der Geschichte der Bekleidungsherstellung in unterschiedlichen Ländern verschiedene Schulen etabliert haben, ist dafür verantwortlich, dass die Größenbezeichnungen in den Ländern unterschiedlich sind.

Wenn Sie von einem Schneider hören „wir gradieren nach Müller-München“, dann bezieht er sich auf eines der populärsten Regelwerke – übrigens auch das Regelwerk, das ich erlernt habe. Diese Regelwerke befassen sich mit Fragen wie, wo exakt Bekleidungsteile in der Größe verändert werden, im Fachjargon „gradiert“ werden, in welchen cm Sprüngen gradiert wird oder ab welcher Größe zum Beispiel in der Länge keine Veränderung mehr vorgenommen wird.

Design und Funktion  

Es gibt eine vom Design gewollte Passform. Der Designer oder die Designerin geben vor, wie eng ein Bekleidungsteile sitzen soll, wie lang es sein soll und wie sich das Bekleidungsteil bei Bewegung verhalten soll. Daraus leiten sich dann wieder Anforderungen an die Größen- und Gradierungssystematik ab. Jeder kennt das, wenn er bei zwei unterschiedlichen Lieblingsmarken gerne unterschiedliche Größen kauft. „Bei A passt mir eine L, bei B kaufe ich lieber eine M“…

Modische Veränderungen

Ob man Sakkos eng oder weit trägt, ob Hosen lang oder nur bis zum Knöchel, also kurz geschnitten sind, ob Hosen über die Waden hauteng getragen werden oder mit viel Weite, das sind modische Entwicklungen. Diese Entwicklungen werden von den Top-Designern und Designerinnen der immer noch vorwiegend in Paris, Mailand oder London ansässigen Modemarken als internationale Trends vorgeben. Der Rest der Bekleidungswelt zieht dann in unterschiedlicher Geschwindigkeit nach. Tatsächlich stemmt sich bis heute kein Bereich der Bekleidungsbranche erfolgreich und dauerhaft gegen diese Trendvorgaben. Wenn Sakkos weiter werden, wird zeitversetzt sogar Sportbekleidung weiter. Ich habe diese Entwicklungen jahrelang als Hersteller von funktionaler Skibekleidung miterlebt. Eine Skijacke aus den 1980er Jahren in der Größe 48 und den 2010er Jahren hat völlig unterschiedliche Schnitte und Passformen – und nicht nur, weil sich die Materialien verändert haben.

Und die Zukunft?

Wie das Thema in der Zukunft gehandhabt wird, hängt von unterschiedlichen Entwicklungen ab. Eine weltweite Vereinheitlichung werden wir nicht erleben. Aber es wird technische Möglichkeiten geben, die Passformen perfekt zu gestalten, ohne dass es dazu überhaupt einer Angabe von Bekleidungsgrößen bedarf. Schon heute verwenden wir in unserem Webshop bei BREDDYS ein digitales Vermessungssystem. Alles, was man dazu benötigt ist ein Smartphone mit Kamera, ein bisschen Platz und maximal eine Minute Zeit, um Alter und Gewicht anzugeben und vor dem am Boden abgestellten Smartphone eine Drehung zu vollführen. Fertig ist die Vermessung. Das Smartphone misst die Körpermaße, sendet diese an den Webshop und wir senden die BREDDY’S in der richtigen Größe. Klingt gut und funktioniert gut, macht die Frage nach der richtigen Bekleidungsgröße zukünftig entbehrlich und hilft, Rücksendungen zu vermeiden. Das freut den Kunden und die Umwelt.

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In Sachen Nachhaltigkeit befinde ich mich in einer Blase